Der Vergleich

Die Individualpsychologie von Alfred Adler betrachtet den Menschen als einzigartig und ganzheitlich.

 
Wir alle, jeder einzelne Mensch, selbst eineiige Zwillinge sind einzigartig. Der Einfluss der Kindheit spielt in der Individualpsychologie eine große Rolle. Alfred Adler (Gründer der Individualpsychologie) betont die Finalität, also die Notwendigkeit nach dem Ziel und Zweck von Verhalten und Lebensäußerungen. Adler hält den Menschen verantwortlich für das, was er tut und glaubt, dass er nicht ein Opfer seiner Triebe, sondern der Schöpfer seiner Lebensumstände ist.
 

Jeder kennt bestimmt aus der Kindheit Fälle, wenn Eltern trotz wertvoller Erziehungsbemühungen durch Nörgeln und Beleidigen beim Kind Schuldgefühle erwecken, es unabsichtlich lächerlich machen und bloßstellen und dadurch sein Selbstwertgefühl verletzen. Die Überzeugungen und Meinungen, die wir über uns selbst haben, über unsere Mitmenschen und die Welt, haben wir alle in unserer Kindheit gebildet. Im Erwachsenenalter bilden sie die Grundlagen für unsere Glaubensätzen und Verhaltensweisen. Etwa 90% unseres Verhaltens wird von unserem Unterbewusstsein bestimmt, deshalb nehmen wir unsere Glaubenssätze im Alltag kaum mehr wahr.

Neulich, in einem Gespräch über Verhaltensweise von Menschen im Alltag, im Unternehmen oder in der Gesellschaft wurde mir einiges klar. Das Thema war: der Vergleich. Warum brauchen wir überhaupt einen Vergleich? Nun, wir Menschen haben das Bedürfnis nach Orientierung, um uns besser in unserer Welt einzuordnen. Deshalb vergleichen wir ständig, jeden Tag immer wieder und fast überall, bewusst oder unbewusst. Wir vergleichen Preise und Besitz, Aussehen und Eigenschaften, Fähigkeiten und Bedürfnisse, usw.  An sich ist der Vergleich nichts Schlechtes, er kann uns Informationen über bestimmte Situationen geben. Ausschlaggebend ist, wie wir mit dem Vergleich umgehen. Hier spielt unser innerer Zustand eine große Rolle. Wir gehen mit dem Vergleich unterschiedlich um, weil uns Objektivität fehlt. Hier leiten uns unser Selbstwertgefühl und unsere Glaubensätze und Meinungen aus unserer Kindheit.

In unserer Leistungsgesellschaft haben sich viele Menschen über Jahre hinweg konditioniert und sich mit anderen ständig verglichen. Manche empfinden den Vergleich als etwas Natürliches und sogar Nützliches. Oft definieren wir uns über unseren Besitz. Wir definieren unseren Wert durch äußere Vergleiche und Statussymbole. Sind einmal die Statussymbole weg, ist der Job verloren, ist das Haus, sind teure Uhren und Autos weg, nur noch sehr wenige Likes auf Facebook, sinkt das Selbstwertgefühl. Ein ständiger Vergleich schwächt das Selbstwertgefühl und kann zu Mutlosigkeit, Starre, Ängsten und am Schluss zu Depressionen führen.

Menschen beider Geschlechter versuchen auf unterschiedlichen Wegen ihren Selbstwert zu stabilisieren. Männer definieren sich gerne über Wettbewerb und über Leistung. Den Frauen ist es wichtiger, eine gute Beziehung zu den anderen zu haben. Soziale Vergleiche und permanente Nettigkeiten erhöhen das Selbstwertgefühl nicht wirklich.

Jeder Mensch sehnt sich danach, akzeptiert und angenommen zu werden, so, wie er wirklich ist. Ein verlässlicher Weg dorthin ist die Selbstakzeptanz. Wenn wir uns auf den Weg machen um herauszufinden, wo unsere Stärken und Talente liegen, wo sich unsere Potentiale und Fähigkeiten verbergen, dann haben wir nicht mehr so sehr das Bedürfnis, uns an äußeren Maßstäben zu orientieren und uns mit den anderen zu vergleichen.

Wenn wir unsere Potentiale erkennen und entwickeln, können wir zu Experten für unser eigenes Leben werden. Dann können wir unbeirrt unseren eigenen Weg gehen, unabhängig davon, was andere davon halten, ohne uns mit anderen zu vergleichen. Weil jeder Mensch an sich eben einzigartig ist!

 

„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“ S. Kierkegaard