Haben Sie sich schon mal gefragt, was „scheitern“ bedeutet? Wie oft haben wir schon mal im Leben etwas vermasselt?
Wie hat unsere Umgebung darauf reagiert? Und wie haben wir uns dabei gefühlt? In Wahrheit schätzen wir nicht die Situationen, in denen die Dinge schiefgehen und wir auf die Nase fallen. Schlimmer noch: am besten sprechen wir gar nicht darüber. Scheitern ist immer noch Tabu! Alles was Tabu ist wird unter den Teppich gekehrt. So sind die gesellschaftlichen Spielregeln. Scheitern ist ein Unwort unserer modernen Leistungsgesellschaft, das von Angst geprägt ist. Angst davor Fehler zu machen. Manche Menschen bemühen sich Leben lang keine Fehler zu machen und setzen sich unaufhörlich unter Druck.
Für Sie muss immer und alles perfekt sein. Zum Beispiel: perfekte Leistung zu erbringen und perfekte Strategie anzuwenden. Unaufhörlich geht die Jagd auf „immer höher, besser und weiter“ voran. Aber das immer Höher katapultiert einen manchmal in ein Tief, in dem man lange verweilen kann.
Es scheitern Partnerschaften, Beziehungen, Projekte, Unternehmen, Karrieren, Religionen, Reformen, Koalitionen, Politik und sogar Systeme. Wir sehen meistens nur das Drama, aber wir begreifen oft nicht, dass das „Scheitern“ zum Leben gehört.
Wir nehmen unser eigenes Scheitern oft als persönliche Schwäche wahr. Hinzu kommt der zunehmende Druck der Gesellschaft. Oft haben wir voreilige Deutungen, vorschnelle Erklärungen und meist unreflektierte Schuldzuweisungen, warum jemand gescheitert ist. Beschreibungen, die ich über jemanden der gescheitert ist, gehört habe, sind alle ausnahmsweise negativ belegt. Ein Dummkopf, Trottel, Hallodri, Taugenichts, Verlierer, Luser, Opfer, Nichtsnutz, Pfeife, Niete, Knallidiot, Vollpfosten, usw.
Neulich war ich bei meiner Freundin, die zwei kleine Töchter hat, zur Besuch. Die Kleinere kann noch nicht laufen. Jedes Mal, wenn sie versucht aufzustehen, fällt sie wieder zurück. Ihre Mama lächelt sie ermutigend an und reicht ihr die Hand, damit sie sich wieder hochziehen kann. Wenn Kinder scheitern, helfen wir ihnen und ermutigen sie. Wir verurteilen sie nicht, weil sie etwas noch nicht können. Warum tun wir es dann mit Erwachsenen?
Alle erfolgreichen Menschen im Leben sind schon mal gescheitert. Sie erleben das „Scheitern“ nicht als Drama, sondern als Chance. Die Chance es beim nächsten Mal anders zu machen und daraus zu lernen. Keine Angst vor Neuanfang zu haben, wie die kleine Tochter meiner Freundin. Sie steht immer wieder auf und sie versucht das Laufen immer aufs Neue. Und nur so wird sie es auch lernen.
Wer nichts tut, kann nicht scheitern. Nur wer etwas bewegt kann scheitern und wachsen. Wenn wir schon mal gescheitert sind, macht es wenig Sinn zu sehr in dem WARUM zu verweilen. Lieber sollten wir und fragen: WOZU kann das alles gut sein?
Vielleicht geht es weniger darum, aus falschen Entscheidungen zu lernen – als vielmehr darum, sich selbst durch Erfahrungen des Scheiterns besser kennenzulernen. Dadurch können wir befremdlichen, nicht alltäglichen Situationen ins Auge schauen und uns auf Grenzsituationen einzulassen. Wir können unserer Angst begegnen und „hindurch gehen“. Und letztendlich können den Mut zur eigenen Unvollkommenheit und sogar zum Scheitern entwickeln. Wir können dadurch das Glück finden, gerade da, wo wir es vielleicht überhaupt nicht vermutet haben.
Es ist ganz egal, ob unser Scheitern außerhalb unserer Macht lag, ob es ganz zufällig passiert (wobei ich an Zufälle nicht glaube :-), oder ob es unsere eigene Schuld war. Es gibt immer die richtige Zeit dafür wieder aufzustehen und weiterzugehen. Diese Zeit ist immer im JETZT. Mutige und erfolgreiche Menschen akzeptieren das Scheitern als Lernerfahrung, die zum Lebensweg gehört. Vielleicht heißt „scheitern“ manchmal so viel wie: sich selbst neu zu entdecken und die Gabe in uns: Immer wieder NEU anzufangen zu können!