Seltsames Phänomen: Tabus

In Wikipedia steht folgendes darüber: „Ein Tabu beruht auf einem stillschweigend praktizierten gesellschaftlichen Regelwerk bzw. einer kulturell überformten Übereinkunft, die bestimmte

Verhaltensweisen auf elementare Weise gebietet oder verbietet“. Heutzutage wissen wir, dass es in allen Gesellschaften Tabus existieren.

Für ein menschliches Zusammenleben benötigen wir gewisse Regeln, die unsere Handlungen miteinander koordinieren. Tabus dürfen allerdings nicht mit Verboten verwechselt werden. Verbote können und sollen ausdiskutiert werden, Tabus werden hingegen immer noch unter dem Teppich gekehrt.
Wir hören oft in unsere Gesellschaft, dass wir über alles reden können. Wenn es allerdings um Tabus geht, sieht die Wirklichkeit im Alltag anders aus. Viele Tabus lenken und begleiten uns tagtäglich ganz still und unauffällig. Viele werden von uns überhaupt nicht wahrgenommen. Wieso eigentlich?


Ich erlebe es oft bei meinen Klienten, dass manche Tabus wie „blinden Flecken“ sind und können gar nicht wirklich konkret formuliert werden. Sie können mit uns mitschwingen, obwohl wir sie gar nicht wirklich fassen können. Solchen Tabus begleiten uns aus der sehr frühen Kindheit wo wir nicht selten zu hören bekommen haben: Das gehört sich nicht!“ oder „Das macht man nicht!“, oder „Das sagt man nicht!“. Viele Tabus werden deshalb mit Scham und Schuldgefühle begleitet, manche auch mit Angst und Abscheu. Also es wird verdrängt was das Zeug hält und dadurch werden sie schwer oder gar nicht erkannt, obwohl sie feste Bestandteile unseren Alltag sind.


Manche Tabus werden über lange Generationen weitergegeben und üben auf uns eine sehr große Macht aus. Einige werden nicht selten als Werkzeuge eingesetzt um die Strukturen zu stabilisieren und somit machen sie uns gegen Veränderungen resistent.
Andere Tabus schützen uns und dienen dem Zusammenhalt in Gruppen. Durch manche Tabus entstehen gemeinsame Wertesysteme und somit in wichtigen Bereichen des Lebens eine Art Selbstverständlichkeit. Können Sie sich eine Welt ohne Tabus vorstellen?
In dieser schnelllebigen Welt, werden manche Tabus auch rasch gebrochen. Solche Aktionen, ganz besonders in sozialen Netzwerken, können oft destruktiv und spießig wirken. Und obendrein wird anschließend Kritik auch nur noch tabuisiert.


Nun was jetzt? Gibt es gute und wenige gute Tabus?


Selbst über Tabus nachzudenken ist nicht selbstverständlich. Obwohl die Gedanken frei sind. Wirklich? Vielleicht haben sie sich mal selbst ertappt, dass selbst sie in manchen Situationen tabuisierenden Gedanken denken? Oder sogar tabuisierende Gefühle haben? Denn manche Tabus verbieten sogar, dass wir uns damit auseinandersetzen.
Wie gelingt es uns Tabus zu erkennen? Manche haben gute Erfolge mit Selbstbeobachtung. Andere benötigen einen Spiegel von außen, der einem hilft genauer hinzuschauen.


Wir leben in eine Gesellschaft mit unzähligen Spannungsfeldern zwischen Begrenzung und Grenzüberschreitung. Nutzen wir diese Felder für Selbstreflexion, für mehr Bewusstsein um Tabus zu sortieren, für mehr Verantwortung um diese klar zu benennen und für mehr empathisches Handeln im Zweifelsfall unsere überholten Tabus hinter uns lassen.
 

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